08.08.2018

„Der Mensch steht im Mittelpunkt“

Energielandwirt des Jahres 2017 besuchte Grundkurs in Hardehausen

Heute hat er Schweine verkauft und muss sich darum kümmern, dass die Ställe desinfiziert werden. Außerdem bekommen die Legehennen eine neue Lüftung. Tobias Roeren-Wiemers ist Landwirt. Entgegen jedem Klischee steht er nicht um fünf Uhr morgens auf, um erst einmal Kühe zu melken. Sein Job ähnelt eher dem eines Managers: Er verwaltet mit einem Online-Programm das Düngen und Säen auf seinen Feldern, telefoniert, koordiniert Mitarbeiter. „Ich erledige, was gerade so anfällt“ sagt er. Manchmal verbringt er sogar den ganzen Tag im Büro.

Der Borchelhof in Lichtenau ist ein Familienbetrieb in der 11. Generation und seit 1326 in Quellen belegt. Nach dem Tod des Vaters hat Tobias Roeren-Wiemers im Dezember 2012 den Betrieb übernommen. Der heute 31-Jährige leitet das Unternehmen mit seinem Bruder, seiner Ehefrau und seiner Mutter. Zum Team gehören außerdem vier Mitarbeiter und zwei Lehrlinge.

Roeren-Wiemers hat Agrarökonomie in Göttingen studiert. Davor hat er ein Jahrespraktikum in der Landwirtschaft absolviert. In dieser Zeit hat er 2008 am Grundkurs der Landvolkshochschule Hardehausen teilgenommen. Neben fachlichem Wissen war für ihn dabei besonders der Aspekt der Persönlichkeitsbildung wichtig. „Dafür, wie man Probleme hinterfragt und löst, werden im Grundkurs die perfekten Grundlagen geschaffen“, sagt er.

Grundkurs half bei Entscheidungen

Der Grundkurs ist ein Angebot der LVH Hardehausen. Der sechswöchige Lehrgang richtet sich an Junge Erwachsene aus Landwirtschaft, Gartenbau und Hauswirtschaft. Neben Exkursionen und Fachseminaren, lernen die TeilnehmerInnen auch Tanzen, Knigge und bekommen eine Stilberatung. Sie bilden ihre Persönlichkeit und gewinnen Freunde fürs Leben. Bereits seit 1949 führt die LVH solche Kurse durch.

Der Grundkurs ist laut Roeren-Wiemers eine schöne Möglichkeit, die eigene Situation zu reflektieren: Wo will ich hin? Welche Chancen bietet ein Betrieb? Durch den Strukturwandel werde Arbeit in der Landwirtschaft immer schwieriger. Der Grundkurs helfe deshalb auch bei der Suche nach alternativen Berufsfeldern. Ihn selbst hat er in der Entscheidung gestärkt: „Mein Weg ist richtig.“

Trotz seiner langen Geschichte steht der Traditionsbetrieb für Innovation: Roeren-Wiemers‘ Steckenpferd sind die Erneuerbaren Energien, besonders die Windenergie. So hat er 2011 zusammen mit sieben weiteren Landwirten einen Bürgerwindpark auf den Weg gebracht. Der umfasst elf Windräder. „Er produziert jedes Jahr Strom für mehr als 20.000 Haushalte“, sagt er stolz.

Seinen Bruder unterstützt er beim Anbau von Schnittblumen zum Selbstschneiden. Wurst und Honig werden über den Einzelhandel direkt vermarktet. Das ist nicht so leicht wie es scheint. „Herausfordernd ist, dass der Verbraucher hochwertige Qualität will, aber zu günstigen Preisen“, so Roeren-Wiemers.

Viele Ideen hat Tobias Roeren-Wiemers im Ausland  bekommen: Praktika führten ihn nach England, Lettland und Kanada. Während des Studiums war er zum Austausch in Russland und Schottland. Auch was Unternehmenskultur angeht, hat er sich dort einiges abgeguckt. In Kanada hat ihn besonders die Gelassenheit und Wertschätzung in der Führung von Mitarbeitern beeindruckt.

Mehrmals im Jahr in der LVH Hardehausen

Das Thema Betriebskultur werde auch beim Grundkurs in Hardehausen abgedeckt. „Es gibt Seminare für Mitarbeiterführung, Rhetorik und zum Thema aktuelle Herausforderungen in der Landwirtschaft.“ Roeren-Wiemers schätzt die gute Lage des Bildungs- und Tagungshauses. Es sei perfekt durchorganisiert, kundenorientiert, biete guten Service, das Team harmoniere. „Alles passt irgendwie“, sagt er. Auch seine Auszubildenden hat er schon auf den Grundkurs aufmerksam gemacht. „Sie kamen begeistert zurück“, sagt er.

2017 wurde Tobias Roeren-Wiemers für sein Projekt Bürgerwindpark als „Energielandwirt des Jahres“ mit dem Ceres Award ausgezeichnet. Der Preis würdigt besondere Projekte in der Landwirtschaft. Doch er sieht sich nicht als Einzelsieger, sondern in einem Team aus sieben Landwirten. „Zusammen kann man Dinge effizienter und schneller umsetzen“, sagt er. Trotz der Erfolge legt der Landwirt nicht die Hände in den Schoß. Vor kurzem hat er den Ackerbau ausgeweitet. Als nächstes steht die Ernte an. Auch eine Wohnung für die Lehrlinge soll am Hof eingerichtet werden. In Sachen Digitalisierung ist der Borchelhof zurzeit ein Pilotbetrieb der Firma Kleffmann. Über das Computerprogramm „My Data Plant“ kann der Landwirt alle Ackerflächen verwalten. Er sieht dort Satellitenbilder der verschiedenen Böden. Über einen USB-Stick weiß der Traktor dann, wieviel er wo säen muss.

Trotz der vielen Arbeit fährt Tobias Roeren-Wiemers zwei- bis dreimal im Jahr zu Seminaren nach Hardehausen. Dazu kommen das Abschlussfest des Grundkurses oder Kellerabende. Er hat selbst schon dort referiert „Die LVH Hardehausen ist aufgeschlossen, zukunftsorientiert und kritikfähig.“ Man könne offen sprechen. Er schätzt zudem die familiäre Atmosphäre der Landvolkshochschule. Man kenne sich, es gebe ein Feingefühl für die Menschen und ihre Anliegen. „Der Mensch steht im Mittelpunkt, das merkt man“, sagt Roeren-Wiemers. Der Grundkurs lege die Basis für ein gelungenes menschliches Miteinander. „Man muss sich darauf einlassen.“

Claudia Schwarz

Du willst auch am Grundkurs der LVH Hardehausen teilnehmen? Melde dich hier an:

https://www.lvh-hardehausen.de/grundkurs

 

Tobias_Roeren_Wiemers
Tobias Roeren-Wiemers